Nachdem im vergangenen Sommer
mehrere Krebspatienten eines Heilpraktikers in Brüggen‐Bracht (NRW) verstarben, sahen Gesundheitspolitiker aller Fraktionen gesetzlichen Handlungsbedarf – stammt das Heilpraktikergesetz doch aus Zeiten des Dritten Reichs. Es fehlen einheitliche Ansprüche an Ausbildung und Zulassung. „Jede Pommesbude hat mehr Auflagen zu erfüllen“, kritisierte etwa der Vorsitzende der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Doch der Plan, die Befugnisse von Heilpraktikern deutlich einzuschränken,
scheint wieder vergessen. Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) brachte nur marginale Änderungen ein.
Josef Hecken, Vorsitzender des Gemeinsamer Bundesausschuss, erklärt im vergangenen Sommer, „es sollte den Kassen untersagt werden, Dinge zu bezahlen, für die es keine Evidenz gibt“ (
FAZ). Es dürfe nicht sein, dass Beitragsgelder für Präparate ohne wissenschaftlichen Beleg ausgegeben würden. „Wir sollten es nicht hinnehmen, dass im Sozialgesetzbuch Schritt für Schritt eine Grauzone eingeführt wird“, forderte er. Hecken
wurde heftig angefeindet.
Tatsächlich bieten viele Krankenkassen in Deutschland
die Erstattung homöopathischer Leistungen an – weil die Versicherten „dies nunmal wünschen“. Der Heilpraktiker nehme sich Zeit, höre zu – Eigenschaften, die ein Arzt im System Schulmedizin nicht mehr zu besitzen scheint.
Stimmt das? Annette Widmann‐Mauz, immerhin Staatssekretärin des Bundesgesundheitsministerium (CDU), ist jedenfalls
ganz offiziell Schirmherrin des homöopathischen Weltkongresses 2017 in Leipzig. Sie sagt: Die Übernahme der Schirmherschaft diene dem Dialog. Nicht nur Wissenschaftsjournalisten sind erstaunt: Darf die das? Warum verhält sich die Politik in Deutschland derart liberal, wenn es um Homöopathie geht – statt evidenzbasierte Leistungen zu stärken?
Die Debatte um Sinn und Unsinn alternativer Heilmethoden wird immer heftiger geführt. Journalisten, die berichten, werden (in den sozialen Medien) von Befürwortern der Homöopathie heftig kritisiert, die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen in Zweifel gestellt. Wie können Journalisten angemessen über das umkämpfte Feld berichten?