Ein Gericht in Istanbul verurteilte Anfang Mai Dündar und seinen Kollegen, den Hauptstadtkorrespondenten Erdem Gül. Sie hatten über geheime Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an Islamisten in Syrien berichtet, was die türkische Justiz als Geheimnisverrat bewertete. Dündar soll für fünf Jahre und zehn Monate ins Gefängnis, Gül für fünf Jahre. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Staatspräsident Erdogan hatte die beiden Journalisten angezeigt. In der Anklageschrift wird behauptet, Dündar und Gül hätten sich „geheimer Regierungsdaten“ bemächtigt, um „politische und militärische Spionage“ zu betreiben und die Regierungsgeschäfte zu sabotieren. Der Sturz der Regierung sei Ziel der Journalisten gewesen. Dündar und Gül kamen im November 2015 in Untersuchungshaft. Drei Monate später erklärte das türkische Verfassungsgericht die Inhaftierung für rechtswidrig und ordnete ihre Freilassung an. Den Vorwurf der Spionage musste die Staatsanwaltschaft im Prozess fallen lassen.
Die Cumhuriyet ist eine der letzten unabhängigen Zeitungen in der Türkei. „Noch nie war es so schlimm wie heute“: So beschrieb Can Dündar kürzlich die Situation der Pressefreiheit in seinem Land. Er selbst äußerte auch im Prozess, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, offen seine Kritik an der Regierung und an Präsident Erdogan.